Leben mit NCL


Jedes Kind hat seine eigene Geschichte. Erfahren Sie hier mehr über Finn, Nina, Ruby, Marvin und das Leben mit NCL.


Einen Ratgeber für Eltern nach der Diagnose JNCL finden Sie ebenfalls hier. Er soll mit einem Überblick über vielfältige Unterstützungsangebote, Adressen und Tipps für Entlastung sorgen und in der schwierigen Zeit nach der Diagnose Orientierung geben.

Er steht hier als Download bereit:

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NCL_Ratgeber für Eltern_2021-11.pdf
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Marvin

Marvin ist ein sehr fröhliches Kind. Er genießt sein Leben. Er nutzt jede freie Minute, um mit seinem Tandemfahrrad zu fahren. Marvin ist 21 Jahre alt und lebt mit seiner älteren Schwester und seinen Eltern auf einem Bauernhof in Niedersachsen. Aber manchmal ist er traurig, weil er nichts mehr sieht, nicht mehr gut spricht und Dinge vergisst. Marvin hat NCL.

Die Sehbeschwerden fingen in der ersten Klasse an, woraufhin er eine Brille bekam. Aber es wurde nicht besser und Marvin verlor die Lust, zur Schule zu gehen. Er wiederholte die Klasse, doch die Schwierigkeiten in der Schule verstärkten sich. Durch zunehmende Sprachprobleme war es nicht leicht für ihn, Freundschaften zu schließen. Alle Therapien, wie Augentropfen, ein Bildschirmlesegerät oder ein Tafelsehgerät halfen Marvin nicht, in der Schule mitzukommen.

Mit 9 Jahren nahmen Ärzte weitere Untersuchungen vor. Ein Neuropädiater äußerte zum ersten Mal den Verdacht auf NCL. Die Eltern willigten in eine genetische Untersuchung ein, wollten jedoch den Gedanken nicht wahrhaben. 4 Monate später gab es dann die traurige Gewissheit, dass ihr Sohn an NCL leidet. Zuhause erzählten sie Marvin lediglich, dass in seinem Gehirn etwas nicht stimme. Marvin fragte nie weiter nach. So niederschmetternd die Diagnose war, die Eltern waren erleichtert, endlich zu wissen, was ihrem Sohn fehlt.

 

Um mit den Schwierigkeiten der Krankheit umgehen zu können, setzte sich Familie Kohlweys nur noch kleine Ziele.

Marvin mit seiner Mutter
Marvin mit seiner Mutter

 „Die epileptischen Anfälle sind das schlimmste Stadium der Krankheit“ - sagt Marvins Mutter Sabine. Einmal im Jahr fährt sie ans Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und lässt die Veränderungen zu klinischen Zwecken dokumentieren.

 

Sabine hofft, dass es irgendwann etwas gibt, um diese Krankheit zu heilen, auch wenn sie weiß, dass ihrem Sohn wahrscheinlich nicht mehr geholfen werden kann. Aber Marvin kümmert das nicht, er lebt für den Moment.

 

Das Magazin Christmon berichtete im Dezember 2014 in einem Artikel über Marvins Schicksal.


Ruby

Ruby ist 19 Jahre alt und auf den ersten Blick wie alle anderen Mädchen in ihrem Alter. Doch sie kann nichts mehr sehen, hat Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und leidet an epileptischen Anfällen. Die Diagnose: juvenile NCL.

Ruby war ein gesundes Kind - bis ihre Mutter Lilly  bemerkte, dass Ruby in der Grundschule zunehmend Probleme mit dem Lernstoff bekam. Lilly machte sich noch keine Sorgen, sie dachte, ihre Tochter sei an dieser Schule überfordert. Ruby wechselte an eine andere Schule, doch auch dort wurden die Probleme nicht besser. Mit acht Jahren kamen Sehbeschwerden hinzu, bei denen auch eine Brille keine Besserung brachte. Weitere Untersuchungen standen auf dem Wochenplan und der Ärztemarathon begann. Die augendiagnostischen Untersuchungen waren teilweise so anstrengend für Ruby, dass sie zunächst abgebrochen werden mussten. Bis letztendlich ein Arzt aus Berlin die Familie ans Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf schickte, wo der traurige Verdacht auf NCL bestätigt wurde.

Trotz der niederschmetternden Diagnose blieb Rubys Mutter stark für ihre Tochter. Und auch Ruby ließ sich nicht aufhalten. Die Grundschulzeit verbrachte sie an einer Schule für Sehbehinderte und versuchte u.a., die Blindenschrift zu erlernen. Die zunehmenden Konzentrationsstörungen stellten hierbei jedoch ein Problem dar. Dem Ansatz des strukturiert angewandten/ganzheitlichen Lernens folgend, schickte ihre Mutter Ruby auf eine heilpädagogische Waldorfschule. Dort fühlt sie sich jetzt sehr wohl und hat besonders großen Spaß beim Werken und am Gartenbau.

 

NCL-Patientin Ruby
NCL-Patientin Ruby

Einmal pro Woche geht Ruby zum Schwimmen - aber sie wäre gern noch aktiver. Vor sechs Jahren begannen dann die epileptischen Anfälle, ein typisches Symptom bei NCL. Lilly verbringt viel Zeit mit ihrer Tochter und versucht, ihr das Leben so schön wie nur möglich zu gestalten.

Anlässlich des HanseMerkur Preises für Kinderschutz wurde 2017 ein kurzer Film über Ruby und Ihre Mutter produziert.


Finn und Nina

Familie Pilgram wurde gleich doppelt vom Schicksal getroffen: Bei zweien ihrer drei Kinder, Finn und Nina, wurde die Diagnose NCL gestellt. Die Familie blieb trotzdem stark: „Man muss die Zeit einfach nutzen“.


Diesem Motto folgend waren an Ninas 19. Geburtstag alle zusammen in der Karibik, wo Finn und Nina eine Delfin-Therapie machten. Finn ist heute 26 Jahre alt, kann kaum noch sprechen, ist vollkommen blind und kämpft mit einer zunehmenden Demenz. Als er 22 Jahre alt war, fuhr die Familie nach Norwegen zum Angeln - das Angeln war zu dieser Zeit sehr wichtig für Finn und war eine der besten Beruhigungsmöglichkeiten für ihn. Ein Jahr später ging es nach Finnland. Dort ist Finn an einem guten Tag einen 2,4km langen Trail mitgewandert. Finn mag Musik und hat schon so manches Festival besucht.  Die schönen Momente hält sich die Familie fest und genießt sie in vollen Zügen. Sie werden jedoch immer seltener.

 

Bei Nina wurde mit 8 Jahren eine Retinopathia Pigmentosa (zur Erblindung führende Tunnelsicht) diagnostiziert. Die Diagnose NCL kam erst 4 Jahre später, als zu der  Blindheit und anderen Auffälligkeiten epileptische Anfälle kamen. Dies ist nicht selten bei NCL. Mit 19 Jahren erlitt Nina einen Status Epileptikus. Eine Magensonde musste gelegt werden, um die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme zu sichern. Es folgten mehrere Lungenentzündungen und ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich rapide.

Nina bei der Delfin-Therapie
Nina bei der Delfin-Therapie

Mobilität und Sprachvermögen gingen verloren. Da Nina die Sondennahrung nicht vertrug, begannen ihre Eltern normales Essen einfach zu pürieren, was ihr sehr gut bekam. Mit 26 Jahren ist Nina verstorben.

 

Der Spiegel (Nr. 24, Juni 2015) berichtet ausführlich über Finns Familie und das Leben mit der Krankheit NCL.