Das bei der juvenilen NCL betroffene Eiweiß wird als CLN3-Protein bezeichnet. Das entsprechende Gen ist das CLN3-Gen, das auf Chromosom 16 lokalisiert ist. Normalerweise ist das Protein 438 Aminosäuren lang und sitzt in der Hülle (Membran) der Lysosomen. Dies sind die "Recyclinghöfe" der Zelle.
Bei der juvenilen NCL ist das Protein aufgrund einer Deletion innerhalb des Gens stark verkürzt und damit nicht mehr funktionsfähig. In der Folge können die Lysosomen nicht mehr korrekt arbeiten, so dass sich in den Nervenzellen Schadstoffe ansammeln. Im Verlaufe der Erkrankung kommt es zu einem massiven Absterben der Zellen. Obwohl es in den letzten Jahren erste Hinweise gab, ist die genaue Funktion des CLN3-Proteins noch nicht aufgeklärt.
Die juvenile NCL-Form CLN3 wird durch Mutationen im CLN3-Gen verursacht, das für ein lysosomales Transmembranprotein kodiert. Der Verlust von CLN3 führt zu einer erheblichen Anhäufung von Glycerophosphodiestern (GPD), den Endprodukten des Glycerophospholipidabbaus im Lysosom der Körperzellen, wie die Arbeitsgruppe um Prof. Monther Abu-Remaileh von der Stanford University, USA, 2022 in ihrer bahnbrechenden Veröffentlichung in „Nature“ beschrieb.
Lysosomen verstoffwechseln und recyceln Lipide und andere biologische Moleküle, um die Homöostase (das Stoffwechsel- Gleichgewicht) in den Zellen aufrechtzuerhalten. Aktuelle Arbeiten zeigen, dass das Speichermaterial bei NCL die lysosomale Lipid-Homöostase stört, was die GPD-„Clearance“ als potenziellen therapeutischen Ansatz nahelegt.
Die Gruppe von Monther Abu-Remaileh stellte 2024 weitere neue Ergebnisse vor, die die entscheidende Rolle des intra-lysosomalen Lipidstoffwechsels bei der
Neurodegeneration hervorheben: So konnte das endo-Lysosom-spezifische Lipid Bis(monoacylglycero)phosphat (BMP) als Schlüssel zum lysosomalen Lipidabbau identifiziert werden.
Lange Zeit wurde angenommen, dass es ein sehr stabiles Molekül innerhalb des Lysosoms ist, tatsächlich jedoch weisen mehrere neurodegenerative Erkrankungen wie auch CLN3 oder
CLN5 eine abnorme BMP-Homöostase auf. So vermuten die Wissenschaftler:innen, dass der Verlust von Genprodukten bei NCL zu einem Mangel an BMP und/oder einer
Störung seiner Funktion führt.
Den genauen Mechanismus hierbei gilt es weiter zu untersuchen. Jedoch könnte die selektive Modulation von BMP bei NCL und bei weiteren Erkrankungen vielversprechende neue therapeutische Optionen
eröffnen.
Einen Überblick über laufende klinische Studien zu allen NCL-Formen gibt die Seite der Batten Disease Support, Research, & Advocacy Foundation, BDSRA, hier (in englischer Sprache).
Auch die Indikations-übergreifende Forschung ist ein zentrales Anliegen der NCL-Stiftung: Ein vertieftes Verständnis der zellspezifischen Krankheitsmechanismen bei der Kinderdemenz kann dazu
beitragen, neue Zielstrukturen für eine Therapie zu identifizieren, die auch bei anderen häufig vorkommenden neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder Frontotemporaler Demenz
relevant sind. Gemeinsamkeiten der Kinderdemenz mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen des Erwachsenenalters, besonders auch der Alzheimer-Demenz, sind offensichtlich: Im
Verlauf der Erkrankungen kommt es zu einem Verlust von Nervenzellen, es zeigt sich eine Demenz und weitere neurologische Symptome treten auf. Auffallend sind die pathologischen Ablagerungen von
charakteristischen Proteinen, die bei den einzelnen Erkrankungen zu beobachten sind: Bei der Kinderdemenz das Ceroid-Lipofuszin innerhalb des Lysosoms; bei
Parkinson (PD) die extrazellulären Lewy-Körperchen; bei der Huntington-Krankheit Inklusionen von mutiertem Huntington-Protein; bei der
Alzheimer-Demenz (AD) und bei der Frontotemporalen Demenz (FTD) sog. Fibrillen oder „Neurofibrilläre Tangles“.
Die aktuelle Forschung beschäftigt sich ebenfalls mit der Rolle der Mikroglia bei der Pathogenese von neurodegenerativen Erkrankungen wie NCL, AD, der lysosomalen
Speicherkrankheit Niemann-Pick Typ C (NPC) und FTD.
Auch könnte die juvenile NCL (CLN3) als Modell für die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) dienen.
Untersuchungen von seltenen monogenetisch bedingten Erkrankungen tragen zudem dazu bei, grundlegende biochemische Prozesse aufzuklären und neue Erkenntnisse über
Krankheitsmechanismen bei einem weiten Spektrum an Erkrankungen zu erwerben.
Ein ausführlicher Artikel zum Thema ist hier als Download beigefügt (aus: pädiatrische praxis).